„…und immer an den Arzt (als Leser) denken!“ Eine DVD als Hilfestellung




© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
Arnd T. May, Hartmut Kreß, Torsten Verrel und Till Wagner (Hrsg.)Patientenverfügungen10.1007/978-3-642-10246-2_39


39. „…und immer an den Arzt (als Leser) denken!“ Eine DVD als Hilfestellung



Kurt W. Schmidt , Michael Schöffner2 und Markus Sold2


(1)
Zentrum für Ethik in der Medizin, Agaplesion Markus Krankenhaus, Wilhelm-Epstein-Str. 4, 60431 Frankfurt a. M., Deutschland

(2)
Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Wilhelm-Epstein-Str. 4, 60431 Frankfurt a. M., Deutschland

 



 

Kurt W. Schmidt



Neben den zahlreichen Büchern und Broschüren, die zum Thema Patientenverfügung erschienen sind, wurde im Jahr 2005 am AGAPLESION MARKUS KRANKENHAUS in Frankfurt a. M. ein Beratungsseminar entwickelt und im Jahr 2008 ein Film im Krankenhaus gedreht, der auf DVD erschienen ist. Erstmals wurde damit in Deutschland das Medium DVD genutzt, um interessierten Bürgern Grundfragen der Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht vor Augen zu führen. Eine aktualisierte 2. Auflage, die die veränderte Gesetzeslage berücksichtigt, ist Anfang 2010 erschienen und hat deutschlandweite Verbreitung gefunden. Der folgende Beitrag erläutert das Konzept des Seminars und den Beratungscharakter der DVD.


39.1 Das neuartige Konzept der DVD




Durch die Änderung des Betreuungsrechts wurde im Jahr 2009 klargestellt, dass der Arzt an den schriftlich niedergelegten Patientenwillen gebunden ist. Dies hat viele Bürger beruhigt. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass der Bürger bzw. potenzielle Patient nun selbst vermehrt Sorge dafür tragen muss, festzulegen, was für den Arzt als verbindlich gelten soll.

Zwar kann der Bürger seine Patientenverfügung auch so verfassen, dass er sich auf die Niederschrift seiner Wertvorstellungen konzentriert, persönliche Erfahrungen und Erlebnisse mit Krankheits- und Sterbesituationen beschreibt, aus denen der Betreuer und der Arzt die angemessene Behandlung für die konkrete Krankheitssituation ableiten sollen, doch erhoffen sich viele Ärzte im Krankenhaus klare Aussagen zu der aktuellen Krankheitssituation: Will Patient X in der Erkrankungssituation Y die Behandlung Z – oder nicht? Der Bürger – in der Regel ein medizinischer Laie – soll nach diesem Modell Krankheitssituationen (z. B. Pneumonie bei unheilbarer Grunderkrankung) antizipieren und möglichen Therapieoptionen zustimmen oder diese ablehnen (z. B. der Behandlung einer Pneumonie – Ja oder Nein). Viele der im Umlauf befindlichen Broschüren und Formulare folgen diesem Muster (z. B. das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (2013)). Auch einzelne Landesärztekammern hatten früher dieses Modell zugrundegelegt, da es für den Arzt – und in der Sprache des Arztes – als verständliche Anweisung zu lesen sein sollte. In diesem Zusammenhang tauchten in der Gesetzgebungsdebatte Bedenken auf, ob der Bürger – ohne ärztliche Beratung – überhaupt in der Lage sei, die Komplexität medizinischer Sachverhalte zu verstehen und dementsprechend eine Patientenverfügung erstellen könne, die seinen Willen adäquat wiedergibt.


Beachte

Nach der aktuellen Gesetzeslage ist eine Beratung durch einen Arzt für die Erstellung einer Patientenverfügung nicht zwingend erforderlich. Unserer Meinung nach ist sie jedoch überaus ratsam, wie die Erfahrung gezeigt hat.


39.2 Neun Jahre Patientenseminar




In den letzten zehn Jahren konnten wir im Krankenhaus – speziell auf der operativen Intensivstation – beobachten, dass eine stetig zunehmende Zahl von Patienten eine Verfügung abgefasst hatte. Allerdings zeigte sich immer wieder, dass sich die vorgelegten Verfügungen häufig nicht auf den vorliegenden Krankheitszustand der Patienten bezogen bzw. nur den Fall des bereits eingetretenen unumkehrbaren Sterbeprozesses bedachten und die Vielzahl der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, bei denen der Patient zwar nicht entscheidungsfähig ist, aber andererseits auch (noch) nicht im Sterben liegt (etwa nach einem Schlaganfall) nicht berücksichtigt hatten.

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Nov 5, 2016 | Posted by in CRITICAL CARE | Comments Off on „…und immer an den Arzt (als Leser) denken!“ Eine DVD als Hilfestellung

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